Am Mittwoch, dem 15. Mai 2013, trat Kai Lindenberg die Reise nach Saint Sulpice des Landes an, weil dort einer der weltweit zehn QualifizierungsmögIichkeiten für das Grand Prix Finale bestand. Gerd Schütt war als Helfer dabei.
Die Aufgabe ist einfach zu formulieren: Erreichen des ersten, zweiten oder dritten Platzes auf diesem Wettbewerb, dann ist die Qualifizierung sicher. Der Anreiz ist groß: Das Finale ist eines der wichtigsten Events in der Wettbewerbsfliegerei, wird einer Weltmeisterschaft gleich gesetzt und wird zur Zeit ausgetragen in der 15m-Klasse. Es ist sehr gut besetzt, so z.B. mit Sebastian Kawa, der Beste überhaupt, ebenso Laurent Aboulin als zweifacher Weltmeister in der 15m- und offenen Klasse.
Saint Sulpice liegt 920 Straßenkilometer westlich von Freiburg, etwa 30 südlich von Rennes in der Bretagne, die Gegend ist ganz leicht hügelig, die Höhendifferenzen sind bestenfalls 50 Meter. Es fehlen nur 50 km nach Westen bis zur Atlantikküste. Da fragt man sich schon, ob das die richtige Gegend ist, um sich ein Stelldichein auf einem Segelflugwettbewerb zu geben. Auf dem Hinweg war der Navi sehr hilfreich. Er führte uns prima auf den üblichen Routen an Paris vorbei. An einer Baustelle hat die Stimme des Navi allerdings versagt. Bis Gerd und Kai wieder auf Kurs waren, verlängerte sich die Strecke nach St. Sulpice auf 1030km. Die beiden kamen so erst um 23:30 am Campingplatz an, wo sie gern das reservierte Tithome beziehen wollten. Nach einer weiteren Stunde hatten wir dann endlich jemanden, der uns die Unterkunft zuweisen konnte. Ein Tithome ist ein zeltähnliches kleines Häuschen, in dem die beiden es zwei Nächte aushalten mussten, bevor Sie ein nettes Bungalow beziehen durften.
Zu dem kleinen Flugplatz sind es 10 Minuten mit dem Auto. Von dort ging es im F-Schlepp — fast immer bei starkem Wind — in die Lüfte. Tiefe Basis und der Wind
machten jeden Tag anspruchsvoll, die Lufträume sorgten in der Regel für weitere Komplikationen. Wer sich erinnert: Das Wetter zu dieser Zeit war in Nordeuropa wirklich unterirdisch und zwar wochenlang. Der Wettbewerb in Hütten/Hotzenwald beispielsweise wurde im Vorfeld abgesagt! Für St. Sulpice hatte ich allerdings eine kleine Hoffnung: Als
Ostfriese weiß Kai ja, dass das Wetter an der Küste auch gern mal aufmacht, auch wenn es im Großen und Ganzen wirklich schlecht aussieht: Zwischen dem vielen Regen geht es hin und wieder für wenige Stunden auf, es muss nur tagsüber passieren!
Am ersten ganzen Tag vor Ort, dem Donnerstag war’s dann auch gleich mal verdauerregnet. Das wurde von Gerd und Kai natürlich systematisch ausgenutzt um die Iokalen Spezialitäten des Supermarktes kauften und nach Friesenart für das Abendbrot zuzubereiteten.
Freitag, der 16.Mai war schlecht, aber fliegbar. Es schauerte überall. Kai war wohl der Letzte im Schlepp für diesen Trainingstag. Schnell war man tief, weil die Schauer sich zu Linien formierten, was aber dafür sorgte, dass es nicht langweilig wurde. Da wurde
einem schnell klar, dass die nächste Woche anspruchvoll werden würde.
So kam es auch. Nachdem der Freitag als offizieller Pflichttrainingstag den Eindruck vermittelte, man befände sich in einer Periode besten Wetters, wurde man am Samstag – dem ersten Wertungstag — eines Besseren belehrt. Es waren nur 200km zu absolvieren,
aber die hatten es in sich. Nach passablem Start bei starkem Wind, der unermüdlich versuchte, einen in das Dreieck zu schieben, und bei bescheidener Basis zog es auf dem Rückweg auch noch zu. Wer das nicht früh erkannte, war angeschmiert und saß auf
dem Acker. So kamen auch nur vier Piloten regulär ins Ziel, Kai war hinter Didier Hauss der Zweite. Leider gab es wegen der vielen Außenlander für diesen Tag nur 3 statt der sonst üblichen 8 Punkte für diese Platzierung. (10 Punkte bekommt normalerweise der Tageserste, der Zweite bekommt 8, der nächste 7 usw.) Die nächsten beiden Tage waren dann erwartungsgemäß nicht fliegbar.
Mittwoch gab es eine kleine Aufgabe mit einer Länge von 116km. Der Beste schaffte einen 69er Schnitt. Kai hatte nur 67km/h und war damit aus den Punkten
gefallen.
Am nächsten Tag gab es gutes Wetter. 313km waren ausgeschrieben bei guten Steigwerten, viel Wind und vereinzelt kräftigen Schauern. Der Beste war Riccardo
Brigliadori mit einem Schnitt von 110km/h. Mit einem 91er Schnitt hatte Kai sich doch ziemlich verbastelt, bekam zum Trost aber noch 4 Punkte für den Tag.
Freitag war Hoffnung auf eine Wertung, zumindest für die Wettbewerbsleitung. Die Basis lag fast auf und das ist in der Bretagne nicht einfach, hat diese Gegend doch nur 100m über Meeresspiegel. Aber die Wettbewerbsleitung ignorierte das beharrlich bis ca. drei
Uhr nachmittags, dann wurde der Tag neutralisiert.
Der letzte mögliche Wertungstag stand an. Es war der Samstag. Kai machte sich inzwischen nicht mehr viel Hoffnung auf eine Platzierung unter den ersten drei
Piloten. Didier Hauss hatte drei Tage lang das Gelbe Trikot getragen, er hatte 14 Punkte gesamt, Kai lag mit nur 7 Gesamtpunkte am Gesamtplatz 8. Das sah nicht gut
aus. Um es etwas spannender zu machen, kann die Wettbewerbsleitung einen Sonderpunkt ausschreiben. Den bekommt, ähnlich wie bei der Bergwertung bei derTour de France, derjenige, der eine bestimmte Wende als erster nimmt. Da ihnen aber keine Wende ins Auge fiel, für die man sinnvoller Weise diesen Extrapunkt hätte vergeben können, hat die Wettbewerbsleitung den Punkt einfach auf den Zielpunkt
gelegt. Damit bekam also der Schnellste 11 statt der sonst üblichen 10 Punkte, der zweite aber wie immer nur 8 Punkte. Nach einer spannenden zweiten Hälfte in der Laurent Aboulin Kai dicht hinter den Versen war, gelang es ihm, vor Aboulin zu bleiben so, dass er die 11 Punkte auf sein Konto schreiben lassen konnte. Damit war ich mit Laurent und Nicolas Veron punktgleich auf Platz eins in der Gesamtwertung, Didier Hauss viel auf Platz vier zurück. Die Anwendung einer Tiebreak-Regel brachte Kai dann den zweiten Gesamtplatz mit dem er sehr glücklich ist. Vor allem: Er ist für das Finale in diesem Jahr qualifiziert!
Das Grand Prix Finale liegt in der Woche zwischen dem 8. und dem 16. Mai 2014. Es lohnt sich, dann auch mal auf die Grand Prix-Startseite zu schauen, da es zum Beispiel auch Online-Tracking gibt, wo man Iife die Flüge des gesamten Feldes miterleben kann.
In der Regel wird es von einem Kommentator begleitet in der Weise wie man es im Fernsehen von Sportveranstaltungen kennt. Inzwischen haben Christian und Oliver Krüger schon ein Chalet gemietet, um Kai einen tatkräftigen Fanclub zu sichern!
(Der Text ist mit Änderungen einen Artikel aus dem Vereinsmagazin „Cumulus“ entnommen und wurde hier von Stefan Kebekus eingepflegt.)