Zu Gast unter den Wolken
Den Traum vom Fliegen wahr werden lassen – das verspricht die Schnupperwoche Segelflug des allgemeinen Hochschulsports. In der letzten Augustwoche ergriffen 13 mutige Luftfahrt-Greenhorns am Segelfluggelände in Kirchzarten diese Chance.
Das Seil vor der Haube spannt sich in wenigen Sekunden. Das Segelflugzeug poltert einige Meter über die Graspiste, bevor es sich sanft in die Luft erhebt. Nun steigt es steil, die Körper graben sich tief in die Sitzkuhlen. Nach einiger Zeit neigt sich die Nase des Flugzeugs wieder nach vorn. Mit einem Klackern verabschiedet sich das Schleppseil. Plötzlich ist es ruhig – wir fliegen!
Es ist eine aufregende Woche für die 13 Studierenden und Promovierenden, die an der Schnupperwoche Segelfliegen des Hochschulsports Freiburg teilnehmen. Gleich nach Ankunft am Segelflugplatz in Kirchzarten stürzt sich die Gruppe in die Arbeit – Segelfliegen ist schließlich ein Teamsport: Wer hoch hinaus möchte, verbringt den ganzen Tag am Flugplatz und hilft auch den anderen in die Luft.
Erfahrene Vereinsmitglieder besetzen den als Tower fungierenden Startbus und fahren die Winde. Der Hochschulkurs lernt, wie gelandete Flugzeuge und benutzte Seile der Winde an den Start zurückgelangen und ein Flugzeug sicher in die Luft kommt. Sicherheit ist beim Fliegen essenziell. Checken, kontrollieren, mitlaufen, mitdenken und im Sinne einer offenen Fehlerkultur alle Unachtsamkeiten besprechen.
„Ooooh, schaut mal!“ Über dem Platz tanzt ein Segelflugzeug im Kunstflug durch die Luft. Beeindruckt und ehrfürchtig liegen alle Köpfe im Nacken.
Am nächsten Tag finden die ersten Starts der Kursteilnehmer statt. Fallschirme anlegen, in die Sitzkuhle des Cockpits hineinfalten, die Gurte fest anlegen und die Sicherheitscheckliste durchgehen. Der erste Windenstart löst einen kräftigen Adrenalinschub aus. Das Gefühl, mehrere Hundert Meter über dem Boden zu segeln, ist gigantisch. Der Ausblick! Die Perspektive! Die ersten Eindrücke sind noch kaum verarbeitet, da fordern die zwei Fluglehrer schon zum Steuern auf. Die erste Herausforderung: stabil geradeaus fliegen. Drei Ruder kämpfen um die Aufmerksamkeit der Neulinge. Wenn es die Thermik zulässt, schrauben sich die zwei Schulungsflugzeuge kreisend in die Höhe.
„Du fliegst jetzt alleine, ich mache nichts“, enthüllt der Fluglehrer. Ruhe bewahren, den Luftraum im Auge behalten und durch grazile Lenkbewegungen das Flugzeug in der Drehung halten. Mit den erfahrenen Spürnasen der Fluglehrer hangeln sich die Doppelsitzer von Aufwind zu Aufwind bis unter die Wolken. Unter guten Bedingungen können Segelflieger auf diese Weise viele Hundert Kilometer zurücklegen.
Mit Blick auf den Feldberg rauscht plötzlich der Funk „Delta 29, eure aktuelle Flugzeit beträgt 35 Minuten“. Der Fluglehrer lacht. Auf dem Boden ist es den Wartenden offensichtlich zu ruhig geworden. Die Position des hinter den Hügeln verschwundenen Flugzeugs haben sie sehnsüchtig auf der Internetseite www.glidertracker.de verfolgt. Dort sind auf einer Karte alle Flugbewegungen des Luftraums nachzuvollziehen.
Die entfernte Maschine nimmt wieder Kurs Richtung Kirchzarten. Mit der erarbeiteten Höhe werden Manöver wie Schnell- und Langsamflug, Kreise, Achten und das Rollen von der einen zur anderen Seite geübt. Beim Landeanflug gibt es viel zu beachten: Dem Startbus die Position melden, Landefeld anvisieren, Tempo stabil halten und mit den Bremsklappen die Höhe regulieren. Alles muss wohl bedacht sein, ein Segelflugzeug kann schließlich, anders als ein Motorflugzeug, nicht noch einmal durchstarten. Die zwei Fluglehrer korrigieren souverän, wenn ihre Schützlinge zu beherzt in die Ruder greifen oder am falschen Hebel ziehen.
Kaum rollt das Flugzeug auf dem Rasen aus, rast ein alter Mercedes heran. Mit einem Seil und vom Piloten an der Tragfläche geführt, zieht er das Flugzeug wieder zurück an den Start. Für die Fluglehrer geht es dann gleich weiter, sie scheinen unendlich viel Energie zu haben. Bevor wieder Hilfsaufgaben übernommen werden, können sich die Piloten ein paar Minuten Ruhe gönnen, um sich von der Aufregung und dem mitunter auch mal flauen Magen zu erholen.
Auf diese Weise füllen alle Teilnehmenden im Laufe der Woche ihre druckfrischen Flugbücher, in denen Starts und Landungen minutiös eingetragen werden müssen. Wenn abends nach dem Aufräumen die Flugzeuge eingehüllt in ihren Schlafanzügen im Hangar ruhen, servieren die zum Kochdienst eingeteilten Mitstreiter ihre warmen Mahlzeiten.
Bei heiterer Plauderei und Gesellschaftsspielen verfliegen auch die Abende schnell. Begeistert und erschöpft ziehen sich alle früher oder auch mal später in die vor dem Clubheim errichteten Zelte zurück. Als an einem Tag die stets genau studierte Wetterlage aufgrund von Regenfällen keine Segelflüge zulässt, besucht die Gruppe kurzerhand Werkstatt und Hangars am Freiburger Fluggelände.
Fünf Tage ist der Kirchzartener Flugplatz für die Hochschulsportgruppe reserviert. Danach dürfen die Teilnehmenden noch zwei Tage am regulären Flugbetrieb mitmachen, der immer am Wochenende stattfindet. Der Breisgauverein für Segelflug lockt Einsteiger mit einer auch für Studierende erschwinglichen Schnuppermitgliedschaft für eine Jahrespauschale. Segelfliegen ist überraschend günstig, da sich viele Flieger ehrenamtlich engagieren und sich jedes Vereinsmitglied zu mindestens 30 Arbeitsstunden in der Werkstatt verpflichtet, in der im Winterhalbjahr Reparaturen und Wartungen durchgeführt werden.
Dass sich am Ende der Woche acht der 13 Luftfahrtneulinge für ein weiteres Flugjahr entscheiden, spricht für sich!
Text: Hannah Seebauer (Ersterscheinung im Blog des Studierendenwerkes Freiburg Schwarzwald, dort inzwischen nicht mehr abrufbar.)
Fotos: Janos Ruf