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Ein Blick in die Geschichte

Im Freiburger Almernach 1955 erschien folgender Artikel von Hermann Bohny: Segelflieger über Freiburg. Der Artikel gibt einen Einblick in die Anfänge der Segelfliegerei in Freiburg nach dem zweiten Weltkrieg.

Seit fast fünf Jahren ziehen wieder Segelflugzeuge ihre Kreise über Freiburg. Wie leicht sieht es aus, wenn sie scheinbar schwerelos hoch über die Stadt fliegen. Wenige wissen, daß es unendlich viel Mühe und Fleiß gekostet hat, bis der erste Start nach dem Kriege wieder erfolgen konnte.

Im Jahre 1949 durften sich die flugsportbegeisterten Freiburger nur zu einem sog. „Modellflugelub“ zusammenschließen, da bis dahin jede fliegerische Betätigung verboten war. Nach der Wiedergründung des Deutschen Aero-Clubs beim ersten Rhöntreffen nach dem Kriege wurden auch bei uns Vorbereitungen getroffen, daß nach der Wiederzulassung des Segelfluges keine allzulange Zeit mehr verstreichen mußte, bis das erste Segelflugzeug starten kann. Der Modellflugelub übernahm den traditionsreichen Namen der alten Freiburger Sportflieger und nannte sich wieder Breisgauverein für Luftfahrt.

Als erstes Flugzeug kam 1951 eine vom Altmeister des deutschen Segelflugs, Wolf Hirth, gebaute „Gövier“ in Freiburg an. Zu ihr gesellten sich im selben Jahr eine der ersten deutschen Nachkriegskonstruktionen, eine Mü 13 E, und zwei Schweizer Typen, welche gebraucht zu günstigen Bedingungen erworben wurden. Wir besaßen also bereits im ersten Flugjahr zwei doppelsitzige und zwei einsitzige Segelflugzeuge; dazu kam noch eine aus einem uralten amerikanischen Luxusauto umgebaute Motorwinde – soviel wie kaum anderswo im Bundesgebiet.

Nach den ersten Starts in Heitersheim, auf dem ehemaligen Flugplatz der Universität, erhielten wir von der Besatzungsmacht die Genehmigung zur Benützung des Freiburger Flugplatzes, der durch seine Lage in der Freiburger Bucht und vor den Schwarzwaldbergen ideale Bedingungen für den Segelflug aufweist. Schon in den ersten Wochen gelangen wieder Flüge von vier Stunden Dauer und Höhen von 3000 Meter.

Bereits im zweiten Jahr stand Freiburg im Mittelpunkt des deutschen segelfliegerischen Geschehens. Der DAeC nützte die günstige Lage Freiburgs aus und nahm die Einladung der Stadt an, die Teilnehmer an den Segelflug Weltmeisterschaften in Spanien zu einem letzten Training in Freiburg zusammenzufassen. Wir erlebten damals zwei Wochen schönster fliegerrischer Kameradschaft mit den besten deutschen Segelfliegern und ihren Mannschaftsangehörigen. Besonders stolz dürfen wir darauf sein, daß anschließend der Freiburger Dr. Frowein als bester Deutscher einen hervorragenden 2, Platz in der Doppelsitzerklasse bei den Weltmeisterschaften mit seiner Freiburger Mannschaft erringen konnte.

Viele Prüfungen wurden in den Jahren 1952/53 wiederholt und neu erflogen. Die Starts gingen in die Tausende und brachten viele Flugstunden zusammen. Manch ein Freiburger Junge lernte nun seine Vaterstadt aus der Vogelschau kennen. Inzwischen konnte sich der Breisgauverein für Luftfahrt ein neues Flugzeug vom Typ „Doppelraab“ anschaffen. Der größte Teil der nötigen Mittel wurde dadurch beigeschafft, daß viele Vereinsmitglieder bei der Med. Univ.-Klinik Blut spendeten und das dafür ausbezahlte Geld der Flugkasse überwiesen. Eine ganz kleine, aber um so unentwegtere Gruppe des Vereins baute sich im Winter 1952/53 ein eigenes Flugzeug vom Typ „Lo 100“, welches voll kunstflugtauglich ist. An unseren Flugtagen wird damit der staunenden Menge gezeigt, was ein überdurchschnittlich guter Flieger für schöne Figuren am Himmel beschreiben kann. Diese Flugtage, welche die Freiburger Segelflieger in den letzten Jahren veranstalteten, waren wirkliche Höhepunkte der fliegerischen Gemeinschaft. Sie fanden regstes Interesse bei der Freiburger Bevölkerung, welche zu Tausenden zum Flugplatz strebte, teils um sich die Segelflugzeuge und das Starten und Landen einmal aus der Nähe zu betrachten, teils um im doppelsitzigen Segelflugzeug unter der Führung eines bewährten Piloten einen Flug zu wagen. Alle, die mitgeflogen sind, waren ehrlich begeistert, vorab eine 84jährige Dame, deren schönstes Erlebnis es war, unser liebes Freiburg hoch aus den Lüften aus vogelgleichem Flug zu betrachten. Im vergangenen Jahr wurde viel aufbauende Arbeit geleistet und manch guter Flug gelang.

Eine Fliegergruppe steht und fällt jedoch mit ihrer Werkstatt. Wo aber sollte im so stark angeschlagenen Freiburg eine solche gefunden werden? Nach einigen provisorischen Unterkünften wurde im vergangenen Sommer darangegangen, in unmittelbarer Nähe des Flugplatzes ein Raum in einem Trümmergrundstück wieder auszubauen. Darüber hinaus konnte eine Baracke erworben werden, welche auf demselben Gelände Aufstellung fand. Damit ist nun die Möglichkeit gegeben, nicht nur die wertvollen Segelflugzeuge ordnungsgemäß zu warten und zu reparieren, sondern auch neue zu bauen. Eine Startwinde mit einem von Büssing gestifteten Diesel-Motor wurde selbst gebaut und ist zur vollen Zufriedenheit ausgefallen, ebenso ein Transportwagen für die Segelflugzeuge. Die fliegerischen Leistungen stehen der Werkstattarbeit nicht nach. Eine Reihe Überlandflüge und 5-Stunden-Flüge zum Erwerb der viel-begehrten „Silber-C“ wurden erflogen. Dr. Frowein gelang ein Flug von Freiburg aus über 292 km nach München-Riem, womit er nur ganz knapp die 300 km der so seltenen „Gold-C“ verfehlte. Auch die Jungflieger haben sich wacker drangehalten und gebaut und geschult, so daß die ersten Segelflugprüfungen abgelegt werden konnten.

Die wissenschaftliche Seite der Fliegerei darf in einer Universitätsstadt natürlich nicht vernachlässigt werden. Das Institut für Segelflugforschung, das von Dr. Frowein geleitet wird, hilft die neuesten Erkenntnisse verwerten, und auch die akademische Fliegergruppe wird künftig wieder in Erscheinung treten.

Mit freundlicher Genehmigung der BZ.medien GmbH & Co. KG.